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Der Brustschild des Hohepriesters

Was wissen wir über die Bedeutung und den Gebrauch von Edelsteinen im alten Judentum? Das Alte Testament benennt immerhin 16 verschiedene Steinarten, die kulturell von immenser identitätsstiftender Bedeutung für das jüdische Volk waren, und damit auch stark im Christentum das Verhältnis zu Steinen geprägt haben. Die wichtigste Stelle findet sich im Pentateuch im 2. Buch Moses: Exodus 28,17-20. Dort wird durch göttliche Weisung die Kleiderordnung für den Gottesdienst des Hohepriesters festgelegt. Die Choschen genannte Brusttasche, die über dem Obergewand befestigt wurde und zwei über dem Herzen zu tragende Orakelsteine, Urim und Thummim, bewahrte, wurde mit 12 bestimmten Edelsteinen geschmückt. Die exakte Wiederholung der Reihenfolge und Anordnung in Exodus 39,8-14 belegt, wie bedeutsam die Steine sind. "Man setze sie in Goldgeflecht gefasst ein. Die Steine sollen den Namen der Söhne Israels entsprechen, 12 entsprechend ihren Namen; Siegelstecherarbeiten, jeweils mit den entsprechenden Namen, sollen es sein, entsprechend den 12 Stämmen." Für den Mineralienfreund stellt sich nun die entscheidende Frage, welche Steine um das Jahr 1250 vor Christus denn gemeint waren mit den rätselhaften Bezeichnungen: Odam, Piteda, Baraqet | Nopek, Sappir, Yahalom | Laesam, Schebo, Achlamah | Tarschisch, Schoham und Jaschpe. Die einzigen Namen, die Eingang in die griechische Sprache gefunden haben, sind Sappir und Jaschpe. So zitierte Luther eigens Juweliere in die Wartburg, um bei der Übersetzung Sicherheit zu erlangen - mit zweifelhaftem Erfolg. In der revidierten Lutherbibel von 1984 ist zu lesen: Sarder, Topas, Smaragd | Rubin, Saphir, Diamant | Lynkurer, Achat, Amethyst | Türkis, Onyx, Jaspis. Die Frage, wie Yahalom zu interpretieren sei, beschäftigte seit der Zerstörung des zweiten Jersalemer Tempels im Jahr 70 die Gelehrten. In der Zürcher Bibel, der revidierten Elberfelder wie auch in der Einheitsübersetzung "Gute Nachricht" liest man Jaspis, in der Revised Standard Version hingegen Emerald. Der Auffassung Luthers, Yahalom mit Diamant gleichzusetzen folgen einige Autoren mit unterschiedlicher Argumentation:  Johann Mathesius (1504-1565), Anselmus Boetius de Boodt (1550-1634), Johannes Braunius im Jahr 1680 um nur die wichtigsten zu nennen. Gegen diese These sprechen einige gewichtige und leicht nachvollziehbare Gründe: Vor allem sind Diamanten zu klein, um Namen oder auch nur Initialien einzugravieren. Auch die Gravur selbst wäre kein Vergnügen, da die Härte eines Diamanten nur von bestimmten anderen Diamanten übertroffen werden kann (die objektive Härte verschiedener Diamanten kann extrem unterschiedlich sein). Es ist aber auch höchst fraglich, ob überhaupt zu dieser Zeit Diamant als eigenständiges Mineral bekannt war und gehandelt wurde.

Da es allein bei in den Büchern Moses 4 unterschiedliche Abfolge bei der Auflistung der 12 Stämme Israels gibt, herrscht in den jüdischen Traditionen leider keine Einigkeit darüber, welcher Stein welchem Stamme zugehörig ist. Das Targum Yonathan, einer Übersetzung und Intrepretation aus dem Hebräischen ins populäre Aramäische weicht hier vom weniger bedeutenden Jerusalemer Targum ab. Mein Gedanke war, über die Charakteristik der einzelnen Stämme eine Profilierung der zugeordneten Steine zu erreichen. Eine ähnliche Spur verlief für mich auch im Sande: Die Zuordnung der Stämme zu Sternzeichen wird leider in verschiedenen kabbalistischen Traditionen unterschiedlich gemacht. Es könnte ja auch alles viel einfacher sein, wenn der jüdische Geschichtsschreiber Josephus Flavius, der noch selbst einen Hohepriester in vollem Ornat gesehen haben kann, nicht in 2 Beschreibungen 2 abweichende Varianten der Steine des Choschen benannt hätte. Aber in keiner der beiden Versionen taucht der Diamant auf.

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